Abstract - DFG Graduate School 1412

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Arbeitswelten im selbstverwalteten Sozialismus: Jugoslawien 1960-1990

Die Singularität des jugoslawischen Sozialismusmodells im Vergleich zu den Ländern im sowjetischen Einflussbereich ist unbestritten. Allerdings wurde das Selbstverwaltungssystem in Wirtschaftsunternehmen schon ab Ende der 1960er Jahre von der jugoslawischen Industriesoziologie als Fassade für hierarchische Machtverteilung gelesen. Auf allen Ebenen des Staates und des öffentlichen Lebens bildeten sich starke Partikularinteressen heraus und von den ursprünglichen ideologischen Zielen der Humanisierung von Arbeit und gesamtgesellschaftlicher Solidarität schien man weit entfernt.
Der Topos Arbeit ist für die Gesellschaftsgeschichte des Sozialismus aus mehreren Gründen zentral: ideologische Basis der sozialistische Transformation war und blieb die Umgestaltung industrieller Arbeitsbeziehungen. Gleichzeitig sollten hier die Werte vom „Neuen Menschen" an die Bevölkerung vermittelt werden. Daraus ergibt sich der herausgehobene Status von Industriearbeitern im ideologischen Gefüge, deren Loyalität wesentlich für die Legitimität kommunistischer Führungen war.
In einer mikrohistorischen Studie frage ich in meiner Dissertation nach der alltäglichen Aneignung der Arbeits- und Lebensverhältnissen im Selbstverwaltungssozialismus durch die Beschäftigten in Industriebetrieben. Als Vergleichsbeispiele dienen dabei zwei Betriebe der Fahrzeug- und Motorenindustrie in Serbien und Slowenien, eingebettet in ihre jeweils unterschiedlichen historischen, kulturellen und sozioökonomischen Voraussetzungen. Konkret stellt meine Untersuchung folgende Fragen:
Wie wurde in einem als konfliktfrei konzipierten System mit Auseinandersetzungen innerhalb der Betriebe umgegangen? Welche formellen und informellen Austragungsmechanismen mit ihren spezifischen Kommunikationsformen existierten dafür und welche Muster lassen sich in den Handlungsstrategien von Arbeitern identifizieren?
Wie eng und in welcher Qualität waren betriebliche und private Lebenswelten miteinander verflochten und ermöglichten dadurch einen Zugriff auf nicht-öffentliche Lebensbereiche der Industriearbeiter?

Inwiefern sich Muster in der Aneignung von Arbeitswelt identifizieren lassen, die als Charakteristika für den jugoslawischen Sozialismus interpretiert werden können, oder in welchem Maße sich Unterschiede abzeichnen, die Erklärungen jenseits des Verweises auf die spezifisch jugoslawische sozialistische Staatlichkeit fordern – Ansätze zur Beantwortung dieser Fragen möchte ich mit dieser empirischen Studie finden. Nicht zuletzt soll die Untersuchung Anknüpfungspunkte an die moderne Arbeitergeschichte anderer sozialistischer Länder bieten.


 
 
 
 
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